Abo-Modelle der Automobilhersteller spriessen aus dem Boden. Doch für die IT-Landschaft sind sie eine enorme Herausforderung. Warum? Schauen wir es uns an.
Was besonders angenehm und gemütlich für den Kunden sein soll, ist IT-seitig nicht ganz ohne. Sind die Autohersteller darauf bereits vorbereitet? Ja und nein, meint Robert Marek von der IT-Beratung MHP: „Bereits für digitale Smart-Mobility-Dienste wie Parken oder Laden bauen die Hersteller seit Jahren neue digitale Fähigkeiten auf, die im klassischen Geschäftsmodell des Fahrzeugverkaufs und Services über den Handel keine oder kaum eine Rolle gespielt haben.“ Dazu gehöre zum Beispiel das Customer Identity & Access Management, über das der Zugang des Kunden zu digitalen Angeboten organisiert wird. Auch Themen wie Vertragsmanagement, E-Commerce und Payment stünden seit einiger Zeit auf der Agenda, so Marek. „Daher sind bei den OEMs mittlerweile die grundsätzlichen organisatorischen Fähigkeiten aufgebaut und die erforderlichen digitalen Ökosysteme etabliert – manche Hersteller sind dabei weiter als andere.“ Die Basis ist also da, doch es gibt auch Knackpunkte. Einer liegt in der intelligenten und nahtlosen Verzahnung der Systeme. Die Abwicklung der Abo-Modelle erfolgt in der Regel in eigenen Systemen, nicht direkt im Customer Relationship Management. „Wichtig ist aber, dass diese dezidierten Systeme mit dem CRM-System richtig vernetzt sind, um mehrfache Dateneingaben zu vermeiden und um eine 360-Grad-Sicht auf den Kunden sicherzustellen“, sagt Marek. Nur so sei eine datengetriebene, kontextuelle, personalisierte und relevante Ansprache des Kunden möglich. Eine noch größere Herausforderung scheint allerdings die Einbindung der Händlerbetriebe in das Abo-Modell zu sein. Denn gerade an dieser Schnittstelle erweisen sich heterogene und kaum integrierte Systemlandschaften als massiver Roadblock. „Entsprechend schwer lassen sich kollaborative Prozesse vom Hersteller über den Importeur bis zum Händler jeglicher Art abbilden – weil einfach die gemeinsame Datenbasis fehlt“, bestätigt MHP-Experte Marek.
Wie die Hersteller ihre Abo-Angebote tatsächlich IT-seitig aufbauen, ist derzeit noch schwer zu sagen. Allzu sehr möchte man sich nicht in die Karten schauen lassen, solange die Services noch in den Kinderschuhen stecken. Porsche-CIO Sven Lorenz gibt allerdings einen kleinen Einblick hinter die Kulissen des Services „Porsche Passport“. Und der zeigt: Die Testphase des Dienstes gibt dem Sportwagenbauer noch die Möglichkeit, die Stolpersteine vorsichtig zu umfahren. Denn die IT inklusive Smartphone-App wird derzeit noch vom Projektpartner Clutch Technologies bereitgestellt. „Porsche Cars North America hat vollen Zugriff auf das Clutch Dashboard und die Datenbank, die IT ist allerdings nicht direkt mit den Porsche IT-Systemen verbunden“, erklärt IT-Chef Lorenz. Auch die zwei Partner-Händler in Atlanta seien im aktuellen Pilotstatus nicht in die IT-Infrastruktur eingebunden. „Sie kümmern sich primär um die Wartung und Instandhaltung der Fahrzeugflotte von Porsche Passport.“ Derzeit wolle man ohnehin zunächst testen, ob das Konzept angenommen werde. Erst in einem nächsten Schritt werde man den weiteren Rollout und damit auch die IT-Schnittstellen prüfen, so der Porsche-CIO. Einfach umzusetzen sind die Auto-Abos also nicht, sinnvoll erscheinen sie allemal. Denn den ersten Tests nach zu urteilen, holen die Autobauer mit diesen Angeboten durchaus Neukunden ab. So sei etwa die Mehrheit der Nutzer des Porsche Passports vorher noch nie einen Sportwagen der Stuttgarter gefahren, erklärt Sven Lorenz. Zudem sei der durchschnittliche Nutzer deutlich jünger als der typische Porsche-Fahrer. Auch Susanne Hahn, Leiterin von Daimlers Innovationsschmiede Lab1886, erklärt auf Nachfrage von automotiveIT, dass die Mercedes me Flexperience Kunden anspreche, die deutlich mehr Flexibilität wünschen als der klassische Autokäufer. Daher sei das Abo-Modell von Daimler kein Ersatz für den Autokauf, sondern eine Ergänzung der Angebote, so Hahn. Doch die Hersteller müssen sich sputen: Denn wo sich ein Service als sinnvoll erweist, lauern Player, die mit digitalen Geschäftsmodellen deutlich mehr Erfahrung haben. Die Autobauer dürfen sich daher nicht die sprichwörtliche Butter vom Brot nehmen lassen. „Anderenfalls kann es sich wie im Gebrauchtwagen-Geschäft entwickeln, das heute weitgehend durch Dritte wie Mobile.de dominiert wird“, mahnt MHP-Experte Robert Marek. Die Gelegenheit, die Fahrzeugnutzung der Zukunft nicht nur zu definieren, sondern gleichzeitig die entsprechenden Plattformen zu dominieren, sollte die Autobranche in keinem Fall verstreichen lassen.